Mit Verstand ein Weinlein schlürfen,
froh sein, dass wir leben dürfen,
eine hübsche Jungfer küssen,
nie sich sklavisch ducken müssen.
Freundschaft mit den Freunden pflegen,
möglichst sich normal bewegen,
keinem die Erfolge neiden,
dankbar werden und bescheiden,
aber, mit sich selbst im Klaren,
dennoch seinen Stolz bewahren.
Die Talente frei entfalten,
kritisch sich und wach verhalten.
Gegen die Vergreisung kämpfen,
seine eigne Stimme dämpfen,
auch die Gegner gelten lassen,
weder sich noch and‘re hassen.
Niemals wegen Nichtigkeiten
blau sich ärgern oder streiten
oder hypochondrisch werden
und sein Glück dadurch gefährden,
sondern still sein Weinlein schlürfen,
und , solange wir‘s noch dürfen,
die erwähnte Jungfer küssen:
Das ist alles was wir wollen –
respektive können sollen –
respektive können müssen !
(Anakreontischer Imperativ –
Fridolin Tschudi / BL (1912-1966)
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